Wandern in Israel: Unsere Top 5 Wanderwege in der Wüste Negev
Knapp 2 Stunden ist es mittlerweile her, dass wir den letzten Hauch von Zivilisation erspäht haben. Die Sonne brennt auf unsere Köpfe, während wir uns durch verdorrtes Gestrüpp und knirschendes Geröll über das endlos scheinende Plateau schleppen. Plötzlich erspähen meine vom grellen Licht geblendeten Augen eine Normwidrigkeit in der sonst eintönigen Wüstenlandschaft. Am monochromen Horizont kämpft eine einsame Fahne gegen den sandigen Wind.
Und da: Ein Auto. Fern von Straßen und Schotterwegen harrt es seines Schicksals wie ein Relikt aus einer längst vergessenen Welt. Eine Fata Morgana? Wir nähern uns dem Konglomerat aus Stofffetzen und Wellblech wie Pilger einem lang ersehnten Heiligtum. „Coffee?“, ruft uns eine Frauenstimme entgegen, während sich ein freundlich grinsendes Gesicht den Weg ins Freie bahnt. Ein Bedouinenzelt! Oder besser: Ein Bedouinencafé mitten in der Wüste.
Warum du unbedingt in der Negev-Wüste wandern solltest
400 Meter unter dem Meeresspiegel oder auf 1.035 Höhenmetern am Rand von Israels gigantischem Erosionskrater Machtesch Ramon – die Wüste Negev bietet Wanderern einen besonders großen Facettenreichtum an spektakulären Hiking-Trails. Da die Israelis selbst oft und gerne Wanderschuhe tragen, kommen die zahlreichen Wanderwege der Negev-Wüste in allen Längen und Schwierigkeitsgraden daher.
Ob mit der Familie zum Picknick in begrünte Oasen mit plätschernden Wasserfällen oder mit dem Trekkingrucksack durch tiefe Schluchten und über endlose Plateaus – die Wüstenlandschaften in Israels Süden faszinieren erprobte Wanderer und gemütliche Spaziergänger gleichermaßen.
Wo du die schönsten Wanderwege Israels findest
Machtesch Ramon – Wandern in Israels gigantischem Erosionskrater
Die wohl berühmteste Naturschönheit in Israels Süden ist der knapp 40 km lange Machtesch Ramon. Von der geteerten Hauptstraße, die mitten durch den Krater verläuft, zweigt ein ganzes Netz aus Schotterpisten ab, das zu einer Reihe kostenloser Wanderwege führt. Da einige Pisten nur mit dem Geländewagen befahrbar sind, solltest du dich unbedingt im Voraus erkundigen, wie du deinen Favoriten am besten erreichst. Denn die Wanderwege in und um Israels größten Erosionskrater könnten unterschiedlicher kaum sein. Ob spektakuläre Ausblicke entlang schroff abfallender Steilwände oder farbenfrohe Sandpfannen mit beeindruckenden Fossilfriedhöfen – so viel Abwechslung wie im Ramon-Krater findet man beim Wandern in Israels Süden sonst nirgends.
Hilfe bei der Auswahl bietet das Besucherzentrum in Mitzpe Ramon, von dessen Aussichtsplattform du dir auch einen ersten Eindruck von den gewaltigen Ausmaßen des berühmten Kraters machen kannst. Aus Zeitdruck haben wir uns für eine kürzere Wanderung durch den weiß glänzenden Horseshoe Canyon entschieden. Durchaus auch mit Kindern bezwingbar führt der Wanderweg durch ein ausgetrocknetes Flussbett und bietet zwischendurch immer wieder Möglichkeiten zum Picknick in schattigen Höhlen oder Abkühlung in verführerisch glitzernden Wasserlöchern. Die passende Unterkunft bietet das konservative Mitzpe Ramon: Vom einfachen Airbnb bis zur Luxusvilla mit Privatpool ist hier für jede Art des Reisens gesorgt.
Timna Park – Eine Kulisse wie im Wilden Westen
Knapp 30 km nördlich von Eilat, dem beliebten Badeort am Roten Meer, begeistert der Timna Park Wanderer jedes Fitnessgrades mit rotem Sand, spektakulären Felsformationen, geheimnisvollen Höhlenmalereien und natürlichen Steinbögen. Uns erinnerte er bereits bei der Reiseplanung an die berühmten Nationalparks im US-Bundesstaat Utah und durfte daher bei unserem Wanderurlaub in Israel auf keinen Fall fehlen. Wie in Israel üblich lassen sich auch im Timna Park fast alle Wanderwege individuell miteinander verbinden. Fertige Rundwanderwege hingegen gibt es keine.
Wir haben uns für die Besteigung des Timna Peak entschieden, der von beiden Seiten her bezwungen werden kann. Möchtest du es uns gleichtun, stellst du dein Auto am Visitors Center am Parkeingang ab und wanderst erstmal ein paar Kilometer relativ entspannt durch enge Schluchten. Relativ schnell aber entpuppt sich die Wanderung auf den höchsten Gipfel des Parks als anspruchsvoller als erwartet. Nach mehreren kleinen Kletterpartien lassen sich die letzten Meter sogar ausschließlich über einen Klettersteig zurücklegen (aufpassen, dass du diesen nicht verpasst und wie wir auf gefährlichen Pfaden am steilen Abgrund entlangwanderst!). Einmal oben, entlohnt die spektakuläre Aussicht für alle Strapazen und zwischenzeitliche Todesgefahren.
Masada – Anstrengender Aufstieg am tiefsten Punkt der Erde
Masada glänzt nicht nur durch seine Nähe zum Toten Meer und den spektakulären Ausblicken über die Ebene bis zur tiefsten Stelle unserer Erde. Die Felsenfestung im Südosten des Landes spielte zudem eine wichtige Rolle in der Geschichte Israels. Als letzte Bastion gegen die römischen Besatzer und tragische Bühne eines bewegenden Massenselbstmordes, zieht der ehemalige Palast von König Herodes heute Einheimische wie Touristen in seinen Bann. Besonders authentisch gestaltet sich die Erfahrung, wenn du auf die Seilbahn verzichtest und die Festung in rund 40 min über den historischen Snake Path erklimmst.
Wer besonders abenteuerlich unterwegs ist, wählt den Rückweg über den angrenzenden Mount Elazar. Dafür verlässt du Masada über den Angriffsweg der Römer an der Nordseite des Berges und drehst kurz vor dem Parkplatz nach Westen ab. Vom angrenzenden Felsen hast du anschließend einen wunderbaren Blick auf die gegenüberliegende Festung und triffst vielleicht sogar den ein oder anderen einsamen Schakal. Doch aufgepasst: Wer mit Höhenangst zu kämpfen hat, sollte vielleicht doch lieber nach einem passenderen Wanderweg in Israels Süden Ausschau halten.
Ein Gedi – Wandern in Israels grüner Wüstenoase
Ein Gedi ist in erster Linie für seine dicht bewachsene Schlucht und seine kleinen, versteckten Wasserfälle bekannt. Diese eignen sich aber in erster Linie für entspannte Badeausflüge. Richtig spannend, wird es erst, wenn man rechtzeitig vor Ort ist, um die Steilhänge hinaufzuklettern und den Massen an israelischen Familien zu entgehen, die sich hier zum nachmittäglichen Picknick treffen. Ich sage rechtzeitig, denn die Zeitfenster, in denen man die längeren Wanderwege betreten darf, werden hier besonders strikt eingehalten.
Und so kam es natürlich, wie es kommen musste: Wir wurden vom Aufpasser an der Wegkreuzung abgewiesen. Denn wer den Park nach 14 Uhr betritt, bleibt auf den zwar abwechslungsreichen, doch für wirkliche Wanderer recht enttäuschenden Weg entlang des Flussbetts beschränkt. Möchte man dennoch nicht auf Ruhe und Einsamkeit verzichten, bietet der zweite Parkeingang eine durchaus interessante Alternative. Oder noch besser: Einfach mal pünktlich sein!
Avdat/Sde Boker – Unser Geheimtipp für Wandern in Israel
Während man im Nationalpark Avdat durch eine begrünte Schlucht mehr oder weniger geradeaus schlendert, warten in der direkten Umgebung weit spektakulärere Wege auf wagemutige Wanderer. Direkt unterhalb des finalen Wohnortes von David Ben Gurion, dem ersten Ministerpräsidenten Israels, startet einer unserer absoluten Lieblingstrails in Israel. Die besonders abwechslungsreiche Rundtour dauert circa 5 Stunden und bietet mehrere Auswahlmöglichkeiten für den Rückweg.
Über einen steilen Anstieg erreicht man das oben beschriebene Plateau mit seinem einsamen Bedouinenzelt. Nach einer kleinen Stärkung führt der Weg an der Abbruchkante einer spektakulären Hufeisenschlucht zu einem winzigen Wasserfall, der von Locals zur Abkühlung genutzt wird und einen kleinen Bach speist. Von hier kannst du dem Wasserlauf bis zum Parkplatz und von dort der Schotterpiste zurück zum Ausgangspunkt folgen. Oder du steigst erneut in die Höhe und hängst noch ein paar Extrakilometer dran.
Worauf du beim Wandern in Israels Süden achten solltest
Damit beim Wandern in Israels Süden niemand verloren geht, sorgen die vielen Tourismusbüros der Region mit leicht verständlichen Wanderkarten für ausreichend Orientierung. Lasst euch von den hilfsbereiten Mitarbeitern individuell beraten, wählt den passenden Wanderweg und folgt der zugehörigen Farbmarkierung. Diese zeigt euch den Weg auch in unwegsamem Gelände immer zuverlässig an. Ist die nächste Markierung mal nicht gleich sichtbar, dann bleibt einfach an der letzten Markierung stehen und schaut exakt in die Richtung, in die der ein- oder mehrfarbige Strich ausgerichtet ist, und wir sind uns sicher: Die richtige Tür wird sich auftun.
Was allerdings etwas verwirrend sein kann, sind die Weitenangaben der unterschiedlichen Wanderwege. Die Israelis nämlich messen die Distanz ihrer Hiking Trails nicht wie meist üblich in Kilometern oder Meilen, sondern in Stunden. Dies erscheint uns recht willkürlich, da Wanderer mit unterschiedlichen Fitnessgraden natürlich auch ein anderes Tempo an den Tag legen. Zur Sicherheit sollte man bei längeren Wanderungen in Israels Süden also lieber ein, zwei Stunden dazurechnen. So gehst du sicher, dass du dein Auto rechtzeitig erreichst, statt nach Anbruch der Dunkelheit durch die bitterkalte Negev-Wüste zu irren.
So oder so solltest du aber für alle Eventualitäten ausgerüstet sein. Nimm also auch bei Tageswanderungen lieber mal die ein oder andere Jacke zu viel mit. Und halte dich unbedingt an die empfohlenen 5 Liter Wasser pro Tag. Denn im Süden Israels herrschen auch im März bereits drückende Temperaturen. Und nicht immer befindet sich das rettende Bedouinencafé direkt um die Ecke.