Seoul – Kleiner Reiseführer durch Koreas Hauptstadt

Knapp 10 Millionen Einwohner, eines der größten U-Bahn-Netze der Welt und eine Schrift, die man nicht lesen kann – das ist Seouls, Koreas moderne Hauptstadt. Wie man sich da nur zurechtfinden soll? Wir verraten es euch und geben zugleich Tipps zu Sehenswürdigkeiten, Restaurants und Unterkünften in Seoul. Also einfach einsteigen und chauffieren lassen.

Seouls Viertel & ihre Sehenswürdigkeiten

Insa-dong & Bukchon Hanok Village: Das Historische

Eines der wohl touristischsten Viertel befindet sich im äußersten Norden der Stadt zu Füßen des Bukhansan, einem der Wächterberge Seouls. Geprägt wird es in erster Linie durch die vielen historischen Sehenswürdigkeiten aus der Zeit der Joseon-Dynastie, die das Land ab dem 14. Jahrhundert bis zum Ende des Kaiserreiches im Jahre 1910 regierte. Paläste, Tempel und historische Hanok-Unterkünfte warten hier darauf, entdeckt zu werden.

Im Westen liegt Gyeongbokgung, der größte Palast der Stadt mit wunderbarem Ausblick auf die Jahrtausende alten Berggipfel im Norden und Seouls moderne Wolkenkratzer im Süden. Wenn ihr nicht gerade während des Corona-Ausbruches anreist – ja, wir haben ein Talent für Reisen in der „Nebensaison“ – findet hier zweimal täglich (10 & 14 Uhr) ein pompöser Wachwechsel in historischen Gewändern statt.

Im Changdeokgung-Palast im Osten des Viertels geht es hingegen weitaus entspannter zu. Wer zufällig gerade auf der Suche ist nach Ruhe und innerem Frieden, der sollte sich den geheimen Garten trotz zusätzlicher Eintrittsgebühr auf keinen Fall entgehen lassen. Vor allem in den Herbstmonaten führt kein Weg um den kleinen Seerosenweiher, seine heimeligen Pavillons und die tief rot gefärbten Laubbäume herum.

Zwischen den beiden Palästen befindet sich das pittoreske Bukchon Hanok Village mit seinen hervorragend erhaltenen historischen Wohnhäusern. Da diese größtenteils noch bis heute als solche genutzt werden, sind die Besuchszeiten stark begrenzt und überall weisen Schilder darauf hin, den eigenen Geräuschpegel doch bitte dementsprechend anzupassen – für Laurens eine etwas größere Herausforderung. Wollt ihr unbedingt auch einen Blick ins Innere der kleinen Raumwunder werfen, besucht ihr am besten eine der vielen Teestuben oder quartiert euch wie wir direkt in einem Hanok-Hotel ein (siehe unten).

Auch wenn ihre Körper diese Welt längst verlassen haben, die Seelen der verstorbenen Kaiser sind geblieben und werden bis heute in den beiden Hallen des UNESCO-geschützten Jongmyo-Tempels aufbewahrt. Von ihren personalisierten Gedenktafeln dürfen sie hier bis heute weiterregieren und besitzen sogar einen eigenen Gehweg, auf dem Touristenfüße nur sehr ungern gesehen sind.

Eher auf lebende Koreaner ausgerichtet ist dagegen der bunte Jongye-sa-Tempel mit seinen drei goldenen Buddha-Statuen und unzähligen farbenfrohen Lampions. Sollte euch der Drang nach religiöser Erleuchtung mitten in der Nacht überkommen, so verzaget nicht: Der buddhistische Tempel hat 24/24 Stunden geöffnet. Doch egal zu welcher Stunde ihr ihn auch betretet: bitte immer daran denken, vorher die Schuhe auszuziehen.

Myeong-dong & Jeong-dong: Das Koloniale

Südlich an Insa-dong grenzt das koloniale Zentrum Seouls, in dem noch heute etliche Gebäude an die verhasste Fremdherrschaft der Japaner erinnern. Hinzu gesellt sich ein weiterer Königspalast, der auf bizarre Weise koreanische, japanische und russische Baustile miteinander vereint. Shopping-Freund werden je nach Vorliebe auf dem größten Markt oder im luxuriösesten Kaufhaus der Stadt fündig.

Heute gilt Deoksugung als einer der fünf großen Paläste Seouls, bei seiner Errichtung im 16. Jahrhundert aber handelte es sich lediglich um die Residenz des damaligen Prinzen. Königlich ging es hier erst ab Ende des 19. Jahrhunderts zu, wovon etwa die recht westlich anmutenden Gebäude im hinteren Teil des Komplexes zeugen. Auch hier soll normalerweise dreimal täglich (11, 14 & 15.30 Uhr) eine Wachablöse stattfinden.

Direkt angrenzend an den Palast befindet sich die Seoul Plaza mit der modernen City Hall sowie der historischen Metropolitan Library, dem ehemaligen Rathaus von Seoul. Auch die Gebäude des nahelegenen Bank of Korea Money Museums sowie der Culture Station Seoul 284 sind durchaus einen Besuch wert. Abgerundet wird das Ensemble schließlich von der Myong-dong-Kathedrale, deren Inneres allerdings nicht wirklich mit seinen europäischen Vorbildern mithalten kann.

Genug Sightseeing für heute? Echtes Asia-Feeling findet ihr in den engen Gassen und unterirdischen Shopping-Zentern des Namdemun-Marktes oder ihr begebt euch im besonders kitschigen Stylenanda Pink Hotel auf die Suche nach dem jungen Seoul. Gediegener und vor allem hochpreisiger geht es in den beiden Gebäuden des Shinsegae-Kaufhauses zu. Man könnte glatt meinen, im Londoner Harrod’s gelandet zu sein.

Gangnam-gu & Jamsing-dong: Das Luxuriöse

Spätestens seit Psy in seinem berühmten „Gangnam Style“ über die sexy Ladies dieses Stadtteils sang, weiß die Welt: Am Südufer des Han-Flusses wohnt alles, was in Korea Rang und Namen und vor allem eines hat: ganz viel Geld. Dieses gibt man in Luxus-Malls und Gourmetrestaurants aus, wenn man sich nicht gerade in dem gigantischen Lotte-Komplex in Jamsing-dong die Zeit mit Spiel und Spaß vertreibt.

Zwischen modernen Wolkenkratzern mit ausgefallenen Namen wie Purgio Valley oder Urban Hive hat sich der Buddhismus mit dem Bongseun-sa-Tempel eine Oase der Ruhe mitten in der Alltagshektik von Seouls beliebtem Luxusviertel geschaffen. Seit einigen Jahren wacht die weiße Buddha-Statue des Tempelkomplexes auch über die zu Ehren des wohl berühmtesten koreanischen Pop-Sängers errichtete Goldstatue vor dem Eingang der COEX Mall.

Wer mit Kindern nach Seoul reist, kommt um einen Besuch der Lotte World wohl nicht herum. Der laut Guiness-Buch größte Indoor-Vergnügungspark der Welt, das Lotte-Aquarium und die gläserne Aussichtsplattform Seoul Sky in den oberen Etagen des sechsthöchsten Gebäudes der Welt begeistern aber nicht nur den Nachwuchs. Vor allem an Regentagen sorgen die miteinander verbundenen Sehenswürdigkeiten für abwechslungsreiche Stunden.

Auch interessant könnte der angrenzende Olympic Park mit seinen Sporthallen und dem Olympischen Museum sein. Da wir es aus Zeitgründen aber nicht bis dorthin geschafft haben, liegt es an euch, euch eure eigene Meinung dazu zu bilden und uns gegebenenfalls natürlich gerne hier mitzuteilen.

Yongsan-gu & Itaewon-dong: Das Partytaugliche

Ist das innere Kind bereits genug verhätschelt, finden kulturell Interessierte in Itaewon-dong gleich zwei der besten Museen der Stadt. Zudem hat sich durch die Nähe zur US-amerikanischen Militärbasis hier mitten in der Stadt ein Viertel voller Bars, Imbiss-Restaurants, Clubs und anderen nächtlichen Etablissements entwickelt.

Die liebevollen Kosenamen wie „Tranny Hill“, „Hooker Hill“, „Homo Hill“ und „Halal Hill“ lassen bereits erahnen, dass hier neben Moscheebesuchern vor allem das junge Feiervolk auf seine Kosten kommt. Streetfood, Craftbeer und günstiger Alkohol geben den Ton an. Dazwischen findet man solche Kleinode wie das Grand Ole Opry, ein waschechter Honky-tonk aus den 1970er Jahren (aufgepasst: foreigners only).

Tagsüber machen die meisten Läden ihre Türen zu und überlassen den beiden einzigen wirklichen Sehenswürdigkeiten des Viertels, dem Museum of Korea und dem Korean War Museum, das Feld. Da diese wegen des Corona-Viruses geschlossen waren, können wir uns hier leider nur auf Lonely Planet beziehen und euch in ersterem die Artefakte der Joseon-Dynastie, in letzterem die Ausstellung zum Korea-Krieg ans Herz legen.

Wem anschließend nach Entspannung zumute ist, der zieht ins Dragon Hill Spa & Resort, wo er seine Garderobe gegen übergroße, orange-gelbe Baumwollkleidung eintauscht, welche an Westlern natürlich besonders ästhetisch aussieht. So initiiert, darf er anschließend mit einer Horde Koreanern auf angenehm temperierten Jade-Fußböden sitzen und behaupten, bei seinem Citytrip nach Seoul eine waschechte koreanische Sauna besucht zu haben.

Hongdae & Noryangjin: Das Junge

Im wichtigsten Universitätsviertel westlich des Stadtzentrums buhlen Flagshipstores von hippen Luxusmarken wie Gentle Monster zwischen hippen, Cafés, Bars und Streetfood-Restaurants um die Aufmerksamkeit von Studenten und Partygängern. Südlich des Han-Flusses geht es auf dem Noryangjin Fish Market derweil mindestens genauso lebhaft zu.

Auf mehreren Stockwerken tun hunderte von Händlern ihr Bestes, euch daovn zu überzeugen, dass man auch als Urlauber mit Sicherheit einen Verwendungszweck für lebende Krabben, Lobster und Tintenfische hat. Ist es euch tagsüber hier zu ruhig, dann spart euch den Besuch für die frühen Morgenstunden auf, wenn zwischen 1 und 4 Uhr Fisch- und Seafood-Versteigerungen im Untergeschuss stattfinden.

Dongdaemun & Seongdong-gu: Das Hippe

Zwischen moderner Architektur an der Dongdaemun Design Plaza und dem riesigen Marktareal rund um Jungang, Dongdaemun und Gwangjang Market, war dieses Viertel für uns vor allem eines: unser Nachtlager und dank direkter Anbindung an die Ringbahn (Green Line 2) der perfekte Ausgangspunkt für unsere täglichen Erkundungstouren durch die schier unendliche knapp 10-Millionen-Stadt.

Ein ganz besonderes Highlight aber war für uns das jenseits des Flusses am Seoul Forest gelegene ehemalige Arbeiterviertel rund um die U-Bahnstationen Ttukseom und Seongsu. Hier kommt zwischen alten Fabrikgebäuden, Streetart sowie angesagten Cafés und Bars echtes Brooklyn-Feeling auf. Für uns gleich mehrfach der perfekte Ort, um einen perfekten Tag in Seoul perfekt ausklingen zu lassen.

Ausflüge rund um Seoul

Bukhansan-Nationalpark

Hätten wir statt der wirklich knappen 5 Tage ein, zwei Tage mehr eingeplant, hätte der Nationalpark im Norden der Stadt ganz sicher ganz weit oben auf unserer To-do-Liste gestanden. Direkt an das U-Bahn-Netz angebunden gilt er auch bei den Einheimischen als beliebtes Wochenendziel. Diese kraxeln an sonnigen Tagen in Scharen über die mehr oder weniger gut erkennbaren Treppenstufen bis auf den Gipfel des gleichnamigen Berges und genießen die Aussicht auf die darunter liegende Metropole.

DMZ – Demilitarized Zone

Bei Kuriositäten-Jägern besonders beliebt sind auch die Ausflüge zur etwa 2 Fahrstunden entfernten Demilitarized Zone an der Grenze zu Nordkorea. Egal ob man per Bus oder Zug anreist – ohne Teilnahme an einer geführten Tour geht hier gar nix. Diese lässt einen über Drahtzäune schauen und durch gesperrte Tunnel laufen. Wir haben uns gegen einen Besuch entschieden, weil wir nicht einschätzen konnten, ob es sich wirklich lohnt. Die Entscheidung ist aber jedem selber überlassen und vielleicht könnt ihr uns in den Kommentaren ja schon jetzt vom Gegenteil überzeugen?

Restaurant-Tipps für Seoul

Onion, Seongdong-gu

In einem Viertel irgendwo zwischen Brooklyn, NY und Berlin-Kreuzberg haben wir in einem unscheinbaren Fabrikgebäude unseren absoluten Lieblingsplatz in Seoul gefunden – und das nicht nur für einen entspannten Start in den Tag. Ob in einer gemütlichen Ecke inmitten kaputter Betonwände oder auf der Dachterrasse des wohl hippesten Gebäudes der Stadt – in diesem Setting schmecken die koreanischen Kaffee- und Gebäckspezialitäten mit französischem Touch gleich doppelt lecker.

Amazing Brewing Company, Seongdong-gu

Nicht weit entfernt – ja, wir sind bekennende Fans von Seongdong-gu – befindet sich unserer absoluter Craftbeer-Favorit. Zu Pizza und Trüffelpommes trinkt man hier Gose und IPAs mit Namen wie „Rocket Man“, „Moon Rabbit“ oder „Heart Chaser“, die sich schnell als mindestens genauso verblüffend appetitlich erweisen, wie der Name des gemütlichen Brauhauses mit Außenterrasse vermuten lässt.

853, Jongno-gu

Korea ohne BBQ geht nicht? Richtig! Unser erstes und leckerstes authentisch koreanisches BBQ haben wir uns spontan in Itawong munden lassen und anschließend bereut, nicht gleich die doppelte Portion bestellt zu haben. Ob Pork Belly oder Pork Back – hier kann man quasi nicht falsch liegen. Dazu ein belgisches Fruchtbier und schon findet ihr mich im siebten Schweinehimmel.

Nekkid Wings, Itaewon

Der Koreaner mag sein Hähnchen. Und am liebsten mag er’s scharf. In einer düsteren Seitenstraße nur wenige Meter von der US-amerikanischen Militärbasis erwarten euch eine enorme Auswahl an Hühnerflügeln. Von Classic Buffalo über Parmesan Garlic bis hin zu asiatischen Skurrilitäten wie Soy Wasabi oder Yang-yum haben wir uns durch die halbe Karte probiert und ihr solltet das unbedingt auch!

Jungsik, Gangnam

Wer’s fancy mag, der ist in Gangnam definitiv richtig. Neben bekannten internationalen Ketten wie den Craftbeer-Profis von Mikkeler haben sich hier gleich mehrere Starköche mit einem Zweitrestaurant niedergelassen. So auch das Jungsik, dessen große Schwester bereits in New York für Furrore sorgte. In Form kleiner Kunstwerke speist man hier koreanische 2-Sterne-Küche als 4-, 5- oder 8-Gänge-Menüs, während Weinkenner wie Laurens sich über die durchaus kuriose Auswahl des Sommeliers freuen.

Hotel-Tipps für euren Seoul-Tripp

Airbnb, Dongdaemun

Wer es günstig und zentral mag, ist mit einer Buchung über Airbnb wohl am besten bedacht. Auch wenn die meisten Koreaner nur sehr wenig und recht ungern Englisch sprechen, hat es bei uns super mit dem Check-in geklappt und die Wohnung direkt an der U-Bahnhaltestelle Sindang hatte für 36 € pro Nacht wirklich alles, was man zu Zweit in einer Großstadt braucht: Bett, Bad und schnelles WLAN. Die Küche und der echt koreanische Esstisch in Miniformat waren dann nur noch das Tüpfelchen auf dem i.

Rakkojae Seoul, Jongno-gu

Während Airbnb die beste Wahl für günstige Unterkünfte in Seoul ist, sind die traditionellen Hanok-Hotels die echten Charmeurs der Stadt. Im Rakkojae Seoul wenige hundert Meter nördlich der Anguk-Station schläft man traditionell koreanisch auf einer Matratze auf dem wohlig warmen Jade-Fußboden. Vier Zimmer schmiegen sich rund um einen kleinen Innenhof, der wohl kaum zentraler und gleichzeitig endlos weit von der Hektik der Großstadt entfernt liegen könnte. Noch mehr Entspannung bietet nur die hauseigene Lehmsauna.

Fortbewegungsmittel in Seoul

Seoul mit der U-Bahn

Auf den ersten Blick mag das gigantische U-Bahnsystem den ungeübten Besucher vielleicht etwas überfordern, als Berliner hatten wir damit aber rein gar kein Problem – was aber natürlich auch wieder am Corona-Virus und dem daraus resultierenden Mangel an Menschenmassen liegen könnte. Wir haben uns auf jeden Fall fast ausschließlich unterirdisch fortbewegt und dafür in der Regel 1,350 Won bezahlt. Damit kommt man bis zu 10 km weit, anschließend werden 100 Won pro 5 km hinzugerechnet.

Vor Sprachbarrieren muss man keine Angst haben: Die Ticketmaschinen lassen sich ganz einfach auf Englisch umstellen und in den U-Bahn-Wägen selbst wird neben der koreanischen immer auch die lateinische Schreibweise angezeigt. Nur abends sollte man unbedingt einen Blick auf die Zeit haben: Sonntags etwa fährt die letzte Bahn nämlich noch vor Mitternacht.

Seoul im Taxi

Und so kam es, wie es kommen musste: An unserem letzten Tag in Seoul haben wir uns dann doch noch ins Taxi gesetzt. Und uns gewundert, wie günstig es trotz Nachttarif war. Das Beste aber in Seoul: Der Koreaner sieht Trinkgeld als Almosen an. Somit fallen die sonst echt nervigen Urlaubsfragen schon mal weg: Wie viel? Für wen? Und wann eigentlich?

Wir fanden Seoul und auch das Taxifahren in Seoul einfach nur super entspannt. Nur sollte man darauf vorbereitet sein, dass auch der Taxifahrer kein Englisch spricht, geschweige denn liest, und die Adresse zur Sicherheit auch in koreanischer Schrift vorliegen haben. Dann steht einem entspannten Urlaub in Seoul nichts mehr im Weg.

Ihr wart auch schon in Seoul? Dann verratet uns eure Lieblingsviertel und geheimen Insider-Tipps gerne in den Kommentaren!