181. Rixdorfer Strohballenrollen – Dorffest Feeling mitten in Neukölln
„Pro was?“ fragt Laurens, als wir am vergangenen Samstag Vormittag über den Richardplatz schlendern und ich ihm die Inschrift eines Banners vorlese, das zwischen zwei Laternen prangt. „Popráci!“ „Und was heißt das jetzt?“ Ich muss passen.
Doch wie so oft, schafft auch diesmal das Internet Abhilfe: 181. Rixdorfer Strohballenrollen! Das können wir uns natürlich nicht entgehen lassen. Und so stehen wir nur knapp fünf Stunden später erneut vor der alten Schmiede, wo die ersten Anzeichen des diesjährigen Popráci nicht lange auf sich warten lassen.
Als wir den Platz betreten, sticht uns ein leicht graffitiähnliches Wandgemälde ins Auge. Wahrscheinlich war es schon immer da, doch man betrachtet die Welt eben anders, wenn Popráci ist. An der Rückseite der alten Schmiede, wird wohl schon seit Jahren fleißig gerollt, doch wer noch nie vom Rixdorfer Strohballenrollen gehört hat, geht ohne Gruß an den böhmischen Herren mit ihren netten Kopfbedeckungen vorbei.
Aber man muss sich seiner Unwissenheit nicht schämen, denn die Jahrhunderte alte Tradition wurde erst 2008 wiederbelebt. Heute jedoch ist das Rixdorfer Strohballenrollen wieder fester Bestandteil des Neuköllner Kulturkalenders und hunderte von Hardcorefans pilgern jedes Jahr zum Richardplatz, um den Athleten zuzujubeln und sich von unterschiedlichen Künstlern bespaßen zu lassen.
Neben Musik, Kunsthandwerksmarkt und einer historischen Modenschau, werden auch diverse Kinderprogramme angeboten, und wie bei jedem Rixdorfer Fest, stehen natürlich auch diesmal die alte Schmiede und der historische Kutschenfurhpark für Besichtigungen offen. Wo sonst gemütliche Dorfatmosphere herrscht, brodelt im September die Festivalstimmung.
Ja, man könnte gar glauben, sich mitten in einer Millionenstadt zu befinden. Doch dann bemerke ich den halben Kuhstall, den ich wohl schon seit mehreren Minuten mit mir herumschleppe. Ach ja, stimmt: Strohballenrollen! Wo sind sie denn jetzt, die ollen Dinger?
Und plötzlich tönt es aus den Lautsprechern: „Alle Teilnehmer des diesjährigen Strohballenrollens an den Start, bitte! Alle Teilnehmer an den Start!“
Mein Herz fängt an zu pochen. Der Schweiß tritt in mein Gesicht. Es ist soweit! Endlich! Heute werde ich meinem ersten echten Strohballenrollen beiwohnen!
Und da sind sie auch schon. Je zwei Manschaften à vier Personen treten gegeneinander an und rollen ihre meterhohen Ballen rund um den Dorfplatz. Doch nicht die Schnellsten werden siegen. Der Einfallsreichtum beim Design der Trikots sowie Teamgeist und Fairness werden beim Familienfest groß geschrieben. Aber auch das geschichtliche Wissen über Rixdorf und Umgebung kann der Mannschaft Pluspunkte einbringen und den Wanderpokal für ein Jahr in das eigene Wohnzimmer befördern.
Dem Einfallsreichtum sind keine Grenzen gesetzt, und so gehen, neben putzsüchtigen Teufelchen und schreienden Riesenbabys, auch ganze Tierparks an den Start. Die Kinder laufen hinterher, die Menge tobt, und wer es gemütlicher mag, findet seinen neuen Lieblingsplatz zwischen frisch gezapftem tschechischen Bier und süß duftendem Trdelník.
Wir tragen das 182. Popráci auf jeden Fall noch heute in unseren Kalender ein.
Und da soll noch einer sagen, Neukölln habe nichts zu bieten.
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