Fuerteventura – die ziemlich ähnliche Schwesterninsel (Tag 4)
„Fuerteventura – die ziemlich andere Schwesterninsel“ – so zumindest stand es in unserem Reiseführer. Für uns Grund genug, 74 Euro zu investieren (für 2 Personen plus Auto) und der zweitgrößten Insel der Kanaren einen Besuch abzustatten. Um 11 Uhr stehen wir am Bug der 3 Stockwerke hohen Fähre und sehen zu, wie diese aus dem kleinen Hafen von Playa Blanca ausläuft. Sitzplätze gibt es hier genug, egal ob rustikal auf der Terrasse, den kühlen Meerwind im Haar, oder doch lieber drinnen mit einem kleinen Snack auf einer gemütlichen Couch mit Meer-, bzw. Inselblick. Egal für was man sich entscheidet, die 40 min vergehen wie im Flug, und schon heißt es: alle von Bord in Corralejo, dem nördlichsten Zipfel Fuerteventuras.
Von El Cotillo bis Betancuria: eine Fahrt durch das Landesinnere mit wenigen kleinen Highlights
Abgesehen vom kleinen Ortszentrum in der Nähe des Hafens, hat die Kleinstadt nicht viel zu bieten. Deshalb geht es nach einem kurzen Zwischenstop bei der Touristeninformation, um uns eine Karte der Insel zu besorgen, auch schnell weiter, durch die kleinen eher unattraktiven Gassen und die darauffolgende Touristenmeile in Richtung El Cotillo im Nordwesten der Insel. Aber auch das kleine, sowohl im Reiseführer als auch von der nicht wirklich hilfsbereiten Frau im Tourismusbüro empfohlene Fischerdorf mit seinem alten Hafen und dem aus dem 18. Jh. stammenden Festungsturm Castillo de Tostón kann die Stimmung nicht wirklich heben. Also auf ins Landesinnere, um zu sehen, was die Insel, die angeblich „nicht unterschiedlicher“ sein könnte, sonst noch so zu bieten hat. Nichts! Und wirklich anders ist sie auch nicht. Okay, es gibt hier kaum schwarze Lava, wie sie im Süden Lanzarotes dominiert, und auch die Erhebung über den Meeresspiegel sowie Hügelichkeit der Landschaft weichen leicht von denen auf Lanzarote vorherrschenden Gegebenheiten ab, doch davon abgesehen erinnert der Ausblick doch sehr an das, was man im Norden unserer neuen Heimatinsel antrifft, für die unsere Zuneigung nun von Minute zu Minute wächst. Vorbei an den alten, heute zum Museum umfunktionierten Bauerhäusern und den restaurierten Mühlen von Tindaya und Tefía führt unser Weg zur ehemaligen Inselhauptstadt Betancuria, deren Name an den normannischen Eroberer Jean de Béthencourt erinnert, welcher im 15. Jh. die Herrschaft über Fuerteventura, Lanzarote und El Hierro an sich gerissen hatte.
Mirador Morro Velosa: Panoramablick aus der Feder César Manriques
Wie könnte es anders sein? Die nächste Enttäuschung lässt auch hier nicht lange auf sich warten. Da die Insel nicht wirklich vor Sehenswürdigkeiten strotzt, waren wir schon fast außer uns vor Glück, als wir lasen, dass unser Freund César es sich nicht nehmen ließ, auch hier einen als Touristenattraktion geplanten Mirador mit dem schönen Namen Morro Velosa zu errichten. Um so frustrierender war die Entdeckung, dass dieser sich seit mehreren Jahren und bis auf unbegrenzte Zeit (denn das am Eingang angeschlagene Datum der voraussichtlichen Fertigstellung ist schon lange überschritten) in Renovierungsarbeit befindet. So blieb uns und mit uns einer Masse anderer Touristen – übrigens so ziemlich die ersten, außer einer Gruppe Wüstenbuggy-Fahrern, die wir bis jetzt auf dieser ja ach so sehenswerten Insel zu Gesicht bekommen hatten – nur der Ausblick von einer direkt an der Hauptstraße gelegenen Aussichtsplattform. Auch wenn dieser sicherlich nicht mit dem an manchen Tagen angeblich bis nach Teneriffa reichenden Panoramablick mithalten kann, den man vom Mirador aus hätte genießen können, so tat sich vor uns doch eine mehr als sehenswerte Landschaft auf: über die wie versteinerte Dünen vor sich hinschlummernden Hügel, deren Form sich im Spiel des Lichts ständig zu ändern scheint, schweift das Auge in die Ferne, über Berge und Strände bis zum Atlantik, der es sich am Horizont unter seiner in allen möglichen Blautönen schimmernden Decke gemütlich gemacht hat.
Betancuria: winzig-kleine ehemalige Inselhauptstadt mit besonderem Charme
Doch der Touristenansturm reißt einen schnell wieder aus dem Tagtraum und so gehts weiter nach Betancuria, das man nicht mal wirklich als Dorf bezeichnen kann, auch wenn es der Insel früher mal als Hauptstadt gedient hat. Davon ist hier jedoch außer einer kleinen, als Kathedrale ausgewiesenen Kirche mit dem Namen Santa Maria, und den sich an den palmbestandenen Vorplatz schmiegenden Gäschen mit ihren Pflastersteinen nicht viel übrig. Diese aber wären mehr als dazu prädestiniert, eine besondere Idylle auszustrahlen, würde es sich dabei nicht um eine der einzigen Touristenattraktionen der ganzen Insel handeln, sodass es auch hier auf kleinstem Raum nur so von Urlaubern wimmelt. Dies wiederum hat natürlich dazu geführt, dass sich in den schönen alten Gemäuern Restaurants und Souvenirläden dicht aneinanderdrängen. Auch ein 3D-Kino gibt es hier! Dieses strahlt uns zumindest von einem Werbeplakat entgegen, auch wenn uns schleierhaft ist, wie man dieses in den kleinen Steinhäusern unterbracht haben mag. Wer sich nicht von solchen Touristenfallen ausnehmen lässt, ist mit einem 10-minütigen Zwischenstop bedient. Und so machen wir uns auf den Weg zurück nach Corralejo, welcher uns vorbei an der neuen Haupt- und Touristenstadt Puerto del Rosario zur letzten Sehenswürdigkeit des Tages führt.
Parque Natural de las Dunas de Corralejo: Dünenlandschaft mit Ausblick
Überzeugt, es würde sich hierbei um das Highlight der Insel handeln, hatten wir uns den Parque Natural de las Dunas de Correlejo – oft auch einfach El Jable genannt – bis ganz zum Ende aufgespart. Und abermals sollte uns eine herbe Enttäuschung bevorstehen. Entlang der Schnellstraße, die den Park durchquert, nichts als Sand soweit das Auge reicht. Ja, was habt ihr denn anderes erwartet? wird sich nun wohl der ein oder andere fragen. Na Dünen! Aber hier hat man eher das Gefühl, an einen kilometerlangen Sandstrand geraten zu sein. Das ist natürlich super, wenn man nach so was gesucht hat. Deshalb verwundert es auch nicht, dass beide Seiten der Straße nur so von parkenden Autos und Reisebussen gesäumt sind. Wer zum Sonnenbaden hier ist, wird sicher auf seine Kosten kommen, lässt er sich von den Nacktbadern, die einem immer wieder in den Dünen begegnen, nicht abschrecken. Auch Drachensteiger kann man ab und zu beobachten. Aber sonst hat der Park außer Ruhe und Einsamkeit, die wohl vor allem auf seine schiere Größe zurückzuführen sind – denn die vielen Autos lassen etwas anderes vermuten – nicht viel zu bieten, und ist sicher auch keine 74 Euro Überfahrt wert.
Mit der 18-Uhr-Fähre geht es zurück nach Playa del Carmen und wir sind froh wieder auf unserer, der viel schöneren Schwesterninsel zu sein, wo wir den Tag gemütlich bei einem selbstgekochten Abendessen auf der Terrasse ausklingen und die ernüchternden Eindrücke des Tages noch einmal Revue passieren lassen.