Nemrut Dagi – Heiliger Berg mit Enttäuschungsfaktor
Immer wieder taucht der Nemrut Dagi unter den absoluten Highlights auf, die jeder Türkei-Besucher gesehen haben sollte. Doch nur die wenigsten setzen den heiligen Berg Nemrut auf ihre Türkei-Reiseroute, was wohl in erster Linie an seiner abgeschiedenen Lage mitten im Zentrum des Landes liegt (1.339 km von Istanbul, 1.302 km von Izmir, 1.015 km von Antalya, 772 km von Ankara, und 526 km von Kappadokien). Lohnt sich ein über 1.000 km weiter Umweg, um die geköpften Götterstatuen zu besuchen oder sind die Instagram- und Pinterest-Schnappschüsse in Wirklichkeit viel spannender als der reale Nemrut Dagi?
Nemrut Dagi: Anreise
Da uns unser Türkei-Roadtrip in erster Linie nach Ostanatolien führte, lag der berühmte Berg Nemrut in der Nähe von Adiyaman auf dem Rückweg für uns quasi am Wegesrand. Doch auch ein kurzer Zwischenstopp will geplant sein. Von Osten kommend stellte sich nämlich ein nettes kleines Flüsschen quer, welches laut Google Maps und einiger sehr detaillierter Forenberichte einzig und allein per Fährfahrt zu bezwingen sei. 4 bis 5 Stunden sollten wir einplanen. Und so fanden wir uns damit ab, die Nacht wohl am Fuße des Nemrut Dagi verbringen zu müssen und den heiligen Berg erst am darauffolgenden Tag zu besichtigen.
Ihr könnt euch also vorstellen, wie verdutzt wir dreinschauten, als uns statt eines schäbigen alten Kahns eine hypermoderne Hängebrücke begrüßte. Ja, auch am Berg Nemrut war sie angekommen, die Infrastruktur des 21. Jahrhunderts. Und wir? Wir würden uns natürlich nicht über die Bemühungen der Zentralregierung beschweren. Zumindest noch nicht.
Die Straße innerhalb des Nemrut Dagi Milli Parki war nämlich wieder typisch türkisch: mit knietiefen Schlaglöchern und lebensgefährlichen Kurvenführungen. Auch die schäbigen Unterkünfte im sogenannten Touristenzentrum und der Parkplatz mit seinen nach Abfall und menschlichen Exkrementen riechenden Holzhütten ließen nichts zu wünschen übrig. Nur der Pfad entlang des aus Kieselsteinen aufgeschütteten Grabhügels mit Namen Nemrut war uns dann doch einen Tick zu sauber. Einen Tick zu modern. Und so kam es dann auch, wie es kommen musste…
Lohnt sich ein Besuch des Nemrut Dagi?
Man hatte auch den Berg Nemrut selbst ins 21. Jahrhundert geholt. Auf der Ostseite hatte man die abgefallenen Götterhäupter ihren starr dasitzenden Leibern zugeordnet und Köpfe wie Rümpfe in Reih und Glied aufmarschieren lassen. Damit sich auch der fantasieloseste Tourist vorstellen konnte, wie es damals ausgesehen haben mag, gab es sogar nette Bildchen, auf denen die Götterkörper des Mount Nemrut für die Nachwelt wiedervereint wurden.
Etwas weniger enttäuschend: die Westseite. Auf dieser Seite des Nemrut Dagi herrscht zumindest dem Schein nach noch ein Hauch von Chaos. Zwar wurden auch hier alle Häupter wieder in die Senkrechte gebracht, doch scheinen sie zumindest immer noch den Platz einzunehmen, der ihnen vom Erdbeben zugedacht wurde, das sie einst von den zugehörigen Schultern fegte.
Während ich mich noch über die Absperrungen beschwerte, die es mir verboten, die Fotos nachzustellen, die sich mir auf Google Images so tief ins Gedächtnis gebrannt hatten und nicht zuletzt den Hauptgrund für unseren Besuch des Nemrut Dagi darstellten, brachte ein auf einem Esel den Hang hinaufreitender Hirte die archaische Welt des Mount Nemrut für einen kurzen Moment wieder ins Gleichgewicht. Bis… ja, bis er sein Smartphone hervorholte und laut zu Rihannas What’s my Name mitzusingen begann.
Fazit: Irgendwie scheint sich unser Abstecher zum Nemrut Dagi einen Platz in unseren Türkei-Erinnerungen erschlichen zu haben. Hätten wir für den Besuch des Nemrut Dagi aber mehr als 1.000 km Umweg zurücklegen müssen, würde uns diese Erinnerung heute mit Sicherheit kein Lächeln mehr ins Gesicht zaubern.
Die Entscheidung, wieviel Zeit und Benzin man für ein paar nette Fotomotive fürs Familienalbum aufbringen möchte, sei allerdings jedem selbst überlassen. Für uns war der Nemrut Dagi ein netter Zwischenstopp. Mehr aber auch nicht.
Der Nemrut gehört eigentlich zu den Highlights, ist man im Südosten der Türkei unterwegs. Der Zauber dieses Ortes erschliesst sich gut durch diesen Bericht.
Gruss http://wegsite.net/unser-weg/europa/tuerkei/nemrut/#
Den Nemrut erklimmt man im Morgengrauen und beobachtet den Sonnenaufgang…. vielleicht ist das der Grund für die fehlende Verzauberung?
Vielleicht. Vielleicht aber auch weil man wohl kaum von „erklimmen“ sprechen konnte. 😉
Was ist eigentlich das Problem? Es handelt sich um eine herausragende, landschaftlich beeindruckende Stätte des menschheitsgeschichtlichen Kulturerbes (vgl. seitenlager Wikipedia-Eintrag). Was kann man allen Ernstes gegen Absperrungszäune haben? Sollen etwa alle Touristen auf den jahrtausendealten Statuen herumklettern und diese binnen eines Jahres zerstören, nur um eines Selfies willen? Man sollte sich bewußt machen, daß man nicht der einzige Besucher oder gar der Entdecker dieser wundersamen Kulturschätze ist, die ganz unberührt so daliegen, wie das letzte Erdbeben sie hinterlassen hat. Es bedarf einiger Regeln und auch Zäune, um diese Statuen vor der Menge Touristen zu schützen und zu erhalten. Der eselreitende „Eingeborene“ ist dem wohlsituierten Westtouristen in romantischer Weise primitiv genug, ein Handy mit trashiger Popmusik wird ihm jedoch nicht zugebilligt. Daraus spricht Arroganz. Mit Ignoranz würde ich hingegen die Einstellung hier bezeichnen, den Zweck einer Reise nur darin zu sehen, Fotos zu schießen, die sich über Grenzen der Achtung vor einer historischen Stätte hinwegsetzen – um in dem zu verfassenden Reisebericht damit vermeintlich Eindruck zu machen – dabei haben andere diese Fotos offenbar bereits gemacht und gepostet (s. Text), es wäre also nicht einmal etwas Neues gewesen.
Ann, danke für diesen Beitrag. Ganz meine Meinung, ich hätte es nur nicht so treffend formulieren können. Selbst habe ich den Nemrut bereits vor 40 Jahren bereist. Oben den Sonnenuntergang, die Nacht und auch wieder den Sonnenaufgang, quasi alleine erlebt. Für mich ein unvergessliches, sagenhaftes und beeindruckendes Erlebnis.
Ich bin mir sicher, dass der Zauber vor 40 Jahren auch noch völlig unversehrt war. Als wir da waren, war es leider eine sonderbare Mischung auch heruntergekommenen Hotels, löchrigen Straßen und strahlen neuen Zufahrtsbrücken und Gehwegen. Für uns war es halt echt eine Enttäuschung. Und wären wir nicht sowieso vorbeigefahren, hätten wir uns schon über den Umweg geärgert.
Ich kann der Ansicht von Michael nur zustimmen. Wir waren im Oktober 1991 vor Ort und haben den Sonnenuntergang dort erlebt. Damals waren noch kaum Touristen vor Ort und nur zwei bewaffnete Soldaten.
Ich hatte seiner Zeit beim Filmwechseln ( das gab es damals noch) eine Patrone verloren. Welch eine Überraschung als mir diese 4 Wochen später von anderen deutschen Touristen zugeschickt wurde, ( ich hatte auf allen Filmrollen einen Adressaufkleber aufgeklebt).
EinnHighlight war auch die anschließende Nacht. Bei der Auffahrt hatten unsere Urlaubsfreunde einen Hasen angefahren. Diesen haben wir dann am späten Abend an unserem Schlafplatz gegrillt ( war zäh).
Bei der Anfahrt überquert man auf einer sehr alten Bogenbrücke einen Fluss. Diesen hatten wir mehrfach aus Spaß mit unseren Autos durchquert und sind dann der sich anschließenden Schlucht bis zum Ende gefolgt. Dort zwischen gut 100 m hohen Felswänd3n haben wir dann übernachtet.
Die Tage am Nemrud Dagi‘ werden immer in guter Erinnerung bleiben.