Bandera, Texas – Auf der Suche nach dem echten Wild-West-Feeling in der Welthauptstadt der Cowboys
Ja, die ehemaligen Rindertreiber von Bandera, Texas, der selbsternannten „Cowboy Capital of the World“, wissen wie Marketing funktioniert. Zwar hat man es – mutmaßlich aus Mangel an Cattle Drives – bisher noch nicht zur weltweiten Berühmtheit gebracht, die im verkehrsgünstiger gelegenen Fort Worth für den nicht abebben wollenden Fluss an Besucherströmen sorgt. Dennoch wollen möglichst viele mit auf die ratternde Dampflok aufspringen, die dank des netten Einfalls, aus einer unscheinbaren Zwischenetappe entlang des längst in die Analen eingegangenen Great Western Cattle Trails die „Welthauptstadt der Cowboys“ und damit den Inbegriff waschechter Wild-West-Männlichkeit zu machen, langsam aber sicher ins Rollen kommt. Und so sprießen in den letzten Jahrzehnten immer mehr sogenannte Dude Ranches aus dem fruchtbaren Boden der knapp 1.000-Einwohner-Stadt.
Mayan Dude Ranch – oder: Cowboy-Disneyland in Bandera, Texas
Eine davon ist die nur 5 Minuten außerhalb des Zentrums von Bandera liegende Mayan Dude Ranch. Das authentische Texas soll man laut Website auf der seit 1953 familienbetriebenen Ranch erleben. Die für diese Gegend so typische Gastfreundschaft kennen lernen. Und durch das Leben in und mit der Natur den eigenen inneren Cowboy entdecken. Das wollten wir uns natürlich nicht entgehen lassen.
Als wir jedoch in die holzverkleidete Lobby eintreten, staunen wir nicht schlecht, diese – abgesehen von einem ausgestopften Elchkopf über der Tür und mehreren Portraitfotos von George W. Bush an den Wänden – vollkommen verlassen vorzufinden. Nach mehreren Versuchen, unauffällig auf uns aufmerksam zu machen, tritt uns ein Cowboyhut tragender Anfangzwanziger entgegen und wundert sich, warum wir nicht wie alle anderen im Nebenzimmer sind: „They´re all attending the service in the dining room. It´s a big celebration. Father Rob has been with us for 50 years.“ Und plötzlich fällt es uns wie Schuppen von den Augen: Wir sind angekommen!
Wo sich laut Aussage der Inhaberin alles um „love“ dreht und schon George Bush Senior zu Gast war, können auch wir uns nur wohl fühlen. Ein Blick auf den im Eingangsbereich ausliegenden Terminkalender und die Antwort „You need to be at least 6 years old and not weigh more than 240 lbs“ auf unsere Frage nach den Voraussetzungen, um ein Pferd reiten zu dürfen, machen allerdings schnell klar: Das hier wird kein Kindergeburtstag!
Mit dem Heuwagen oder zu Pferd geht´s in der Dämmerung zum Cowboy-Frühstück. Am Abend werden Marshmallows gegrillt. Dazwischen geht´s zum Hufeisen-Werfen. Longhorn-Reiten. Piñata-Töten. Line-Dancen. Und immer wieder rauf auf´s Pferd. Und ran an den Speck. Und natürlich die Beans. Und wer in der Nacht nicht sowieso schon von surrenden Lassos und klimpernden Sporen träumt, dem wird mit Hufeisen über´m Bett, Lonestar-Flagge im Bad und Cowboystiefel am Schlüsselbund behutsam auf die Sprünge geholfen.
Ach, und waschechte Dinosaurierspuren hat man hier selbstverständlich auch zu bieten. Dass da ein leichtes Gefühl von Vergnügungspark aufkommt, während sich das authentische Wild-West-Feeling langsam aber sicher verabschiedet, kann uns wohl kaum einer verdenken. Für Kinder sind der prall gefüllte Tagesablauf und die an jeder Ecke lauernden Unterhaltungsprogramme sicher ein Riesenspaß. Wir aber fühlten uns nach nur einem Tag in Bandera, Texas leicht fehl am Platz.
Echtes Wild-West-Feeling in Downtown Bandera, Texas
Also schleichen wir uns in der Dunkelheit der Nacht heimlich aus unserem Holzbungalow und machen uns selbst auf die Suche nach dem authentischen Wild-West-Feeling, welches mitten in Downtown von Bandera, Texas nicht lange auf sich warten lässt. 803 Main Street ist die Adresse, die man sich merken sollte. Über eine düstere, von Neon Signs und Rodeo Postern umrahmte Holztreppe steigt man hinab in Arkey Blue’s berühmte Silver Dollar Bar, wo schon Hank Williams mehrere über den Durst trank und seinen Namen anschließend in einem der klebrigen Holztische für die Nachwelt hinterließ.
Ein Blick in die schummrigen Räumlichkeiten des Saloons genügt und es ist klar: Hier hat sich seither nicht viel verändert. An den Wänden hängen Nummernschilder und Hirschgeweihe. Die Männer tragen Wrangler-Jeans und Trucker-Mützen. Und wissen noch, wie man beim Texas two-step Frauenherzen höher schlagen lässt und am Pool Table unter den Augen spärlich bekleideter Damenbegleitung seine Männlichkeit unter Beweis stellt. Da will sich natürlich auch Laurens nicht lumpen lassen und greift zu Bud Light. Und so haben wir sie nach vielen Stunden Ferienlager-Atmosphäre mitten in Bandera, Texas am Ende doch noch gefunden: die waschechte Wild-West-Männlichkeit der Welthauptstadt der Cowboys.