Afrikaans, asseblief! Oder: Wie Laurens Reifen wechseln lernte

platten-suedafrika

Als Laurens sich 2008 an der Universität zu Köln für ein Seminar mit dem vielversprechenden Namen Einfühurng ins Afrikaans einschrieb, hatte wohl niemand ahnen können, dass uns dies nur wenige Monate später das Leben retten würde. Und das tat es auch nicht. Aber nützlich, nützlich war es allemal.

„In unserer Heimat sollte man kein Afrikaans sprechen! Das beleidigt die schwarze Bevölkerung. Lasst bloß die Finger davon,“ hatten uns Laurens´ südafrikanische Nachbarn gewarnt. Und so ließen wir die Finger davon. Einen ganzen Tag lang. Denn so lange brauchte es, bis uns klar wurde: Ohne Afrikaans kommt man in Südafrika nicht weit!

baume-sudafrika

Egal ob es die Studenten in Stellenbosch waren, die mich verwundert anblickten, als ich mich in der Afrikaans Stadt par excellence auf Englisch nach dem Weg zu erkundigen versuchte, oder die Einwohner der Townships, in welche wir uns regelmäßig verirrten, die durch die Apartheid nie die Möglichkeit erhalten hatten, eine andere Sprache zu erlernen; alle hatten nur den einen Wunsch: „Afrikaans, asseblief!“

Weniger freundlich war allerdings das Zusammentreffen mit einem älteren Ehepaar, als unser Auto 20 Kilometer vor der De Hoop Nature Reserve urplötzlich den Geist aufgab. Okay, so ganz plötzlich war es vielleicht nicht. Doch zurück auf Anfang…

auto-suedafrika

Es war das erste Mal, dass Laurens und ich zusammen außerhalb Europas verreisten. Und das erste Mal, dass wir ein Leihauto gemietet hatten. Wir waren unvorbereitet. Wussten weder wie man den Ölspiegel misst, noch was es zu bedeuten hat, wenn das neue Gefährt gleich am zweiten Tag zu husten anfängt und dunkle Rauchwolken spuckt. Wir wussten auch nicht, wie man mit der Polizei „kooperiert“, nachdem sich unser Auto im Tsitsikamma National Park über Nacht eine Beule eingefangen hatte. Doch wirklich verhängnisvoll war nur eins: Wir wussten nicht, wie man Reifen wechselt!

Wir hatten also nicht aufgepasst, waren zu schnell über die Schotterpiste gebrettert, und nun saßen wir da. Mitten im Nirgendwo. Keine Menschenseele weit und breit. Nur ein paar Kühe blickten uns verwundert an, während sich die Dunkelheit in Siebenmeilenstiefeln aus dem Hinterhalt heranpirschte. Und nun? Wir wussten ja nicht einmal, wo wir nach dem Wagenheber suchen sollten! Doch dann nahte Rettung…

kuehe-suedafrika

Laurens stellte sich in die Mitte des Weges und begann, dem schnell näher kommenden Wagen freudig zuzuwinken. Der Fahrer, ein weißer Mann mittleren Alters, verlangsamte das Tempo nur widerwillig, kam aber schließlich doch zum Stehen. Die Fensterscheiben allerdings blieben fast gänzlich geschlossen.

„We got a flat tire. The sun is setting and we have no idea how to change it. Could you help us, please?,“ fragte Laurens den immer grimmiger dreinschauenden Herrn. Die Antwort kam prompt: „Afrikaans!“ Zwei Worte aber reichten und das Gesicht des übel gelaunten Herrn blühte auf: „Ah, so you DO speak Afrikaans!

hilfe-beim-reifenwechsel-suedafrika

Kurz darauf kniete der Mitsechziger neben unserem Auto und machte sich am linken Hinterreifen zu schaffen. Das eisgekühlte Bier, das seine Frau ihm aus dem Kofferraum holte, lockerte die Zunge, und man kam ins Schwatzen. Doch auf halber Strecke machte er plötzlich halt: „Die lehren euch also Afrikaans an der Universität… aber nicht wie man Reifen wechselt?“

Ich musste lachen. Laurens´ Miene aber verfinsterte sich. Er wusste, seine Stunde hatte geschlagen. Heute würde er sich die Hände so richtig schmutzig machen. Heute würde er lernen, wie man einen Reifen wechselt. Und ich? Na ich habe brav alles für die Nachwelt festgehalten. Die nette Dame wollte das so: „So that you can show everybody your man knows how to change a tire!“

reifenwechsel-suedafrika

kaputter-reifen-suedafrika