Jungfrau Marathon – Meine Teilnahme an den World Long Distance Mountain Running Championships

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laurens-mauquoi-jungfrau-marathonEigentlich sind meine Eltern an allem Schuld
. An meinem hohen Weinkonsum, der Liebe zu teueren Restaurants, meiner falschen Bescheidenheit und auch an meinem Hang zu Extremläufen. War ich als Kleinkind noch äußerst unsportlich (ich spielte nicht mit dem Ball, ich saß nur daneben!), so wurde ich früh zum Laufen gezwungen. Da ich nicht gerade dick war, ließen die ersten Erfolge nicht lange auf sich warten.

Da man erst im Mindestalter von 18 Jahren einen Marathon laufen darf, musste ich bis 2005 warten, um in Dublin am Start stehen zu können. 8 Jahre später habe ich fünf Marathone auf drei Kontinenten auf dem Buckel. Da es bei diesen Extremläufen immer um das Überwinden der eigenen Grenzen geht, bleibt man stets auf der Suche nach dem nächsten Kick. Waren am Anfang die 42 Kilometer eine regelrechte Tortur, reicht nach einer Weile die reine Distanz nicht mehr aus. Und so kam es, dass ich auf einmal in die Schweiz fuhr, um dort einen Berg hochzulaufen.

Jungfrau Marathon – 1800 m Höhenunterschied zu überwinden!

laurens-jungfrau-marathonWem das noch nicht heftig genug klingt, dem sei gesagt, dass das richtige Steigen erst nach 25 km anfängt. Beim Start in Interlaken erscheint der Jungfrau Marathon noch ein einfaches Rennen, schön gemächlich am Fluss entlang. Erst in Lauterbrunnen, wo auch die meisten Zuschauer stehen, geht es die Wand von Wengen hoch.

weisse-lütschineDass der Jungfrau Marathon, anders als der Name es vermuten lässt, nichts für jungfräuliche Läufer ist, wird spätestens nach Kilometer 25 klar, wenn es plötzlich mit 23-prozentiger Steigung den Berg hoch geht. Das dann auch noch 3 km lang, was einem Aufstieg von 700 Höhenmetern gleichkommt. Vorbei mit Laufen! Hier muss man auf schnelles Spazieren umschalten, wobei auch der Begriff „schnell“ eher relativ ist.
hotel-steinbock-lauterbrunnenDa ich das Spazieren nicht gewohnt war, entpuppte sich das Umschalten als gar nicht so leicht, und so spürte ich bereits nach einem Kilometer leichte Schmerzen im Rücken, die mich für den Rest des Rennens begleiten sollten. War ich die ersten 15 km fast ausnahmslos unter 5 min/km geblieben, entschied ich mich bereits ein gutes Stück vor der Wand von Wengen einen Gang zurückzuschalten um sicher zu gehen, dass ich am Ende auch oben ankommen würde. Dies entpuppte sich als schlaue Entscheidung, denn so war ich, einmal in Wengen angekommen, nicht totmüde und konnte sogar die nächsten 3 – 4 Kilometer mehr laufen als gehen.

lauterbrunnenMeine Mutter hatte am Tag davor teilgenommen und so hatte ich die Gelegenheit, die Läufer von der Jungfrau Bahn aus beobachtet. Da dachte ich noch: „Hier ist es doch gar nicht so steil. Wieso laufen die hier nicht?“ Nun wusste ich warum: Nach etwa ¾ der Gesamtdistanz geht es nur noch bergauf – nie ganz extrem, aber dennoch steil. Mein Vater, selbst ein erfahrener Marathonläufer, hatte mir geraten, mich immer an den lauterbrunnen-marathonTeilnehmern um mich herum zu orientieren. Nun bin ich aber recht ungeduldig und so konnte ich es mit dem Laufen doch nicht ganz sein lassen. Über die lange Distanz hinweg, hatte ich genug Zeit, um mir ein ausgeklügeltes System auszudenken: Ich lief 250 m, ging 250 m. Durch diese Taktik war es mir möglich, noch viele Läufer im Gelände zu überholen, ehe der Alptraum aller Marathonläufer eintraf: Krampfgefahr!

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almMit der Zeit wurden die Muskeln steifer und es deuteten sich die ersten Krämpfe in den Oberschenkeln an. Mir war klar: Bekomme ich jetzt einen Krampf, komme ich nie am Kleinen Scheidegg an und darf mir nicht das Jungfrau Marathon T-Shirt überstreifen. Also entschied ich mich dazu, eine ganze Weile, mindestens 5 Kilometer lang, wixibis hinter Wixi, nur noch schnell zu gehen. Zum Glück waren meine Eltern und Corinne da, um mich anzufeuern, und so schaffte ich es auch wieder, einige hundert Meter zu joggen.

Damit war aber auch schneller Schluss als gedacht – nein kein Krampf, denn berner-oberland-jungfrauso um Kilometer 39 herum, geht es noch einmal 2 km steil den Berg hoch. Da man bis jetzt noch nicht müde genug ist, haben die Organisatoren des Jungfrau Marathon die Strecke quer über den Berg gelegt. So muss man hier nicht nur gegen Muskelversagen und Müdigkeit kämpfen.Teilweise ist der Parcours hier so steil, dass man richtig klettern muss, worüber die Oberschenkel sich besonders freuen!

Auch wenn ich bis ins Ziel gegen drohende Beinkrämpfe kämpfen musste, der Jungfrau Marathon ist einfach nur empfehlenswert: Ein super Lauf, eine scheideggextreme Herausforderung in toller Landschaft und verdienter Austragungsort der Mountain Running World Championships. Oben angekommen lässt das faszinierende Panorama und die Sicht auf Eiger, Jungfrau und Mönch alle Leiden vergessen. Man freut sich nur noch über die eigene Leistung (in meinem Fall 4:48:45) und muss einfach zugeben: Jungfrau Marathon ain’t your average marathon!

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